Glaubst du auch, dass du unzählige spektakuläre Figuren können musst, um gut Bachata tanzen zu können? Denkst du als Mann, dass du der Frau ganz viel bieten musst, weil sie sich sonst langweilt? Oder bist du als Frau happy, wenn Mann dir von der ersten bis zur letzten Sekunde sein komplettes Figurenrepertoire abverlangt? In meinem heutigen Blogbeitrag möchte ich ein Plädoyer für die Basics aussprechen und dich dafür sensibilisieren, warum auch beim Bachata tanzen weniger oft wirklich mehr ist.
Was Bachata ist
Fangen wir mal beim Ursprung und damit einem wichtigen Grundsatz an: Bachata ist ein sinnlich-verspielter Paartanz. Ein Tanz zum Genießen, gute Laune bekommen, Spaß haben. Im besten Fall bist du in der Lage, die Musik tänzerisch zu interpretieren, indem du auf Schnelligkeit, Breaks und Energie des Liedes eingehst. Dabei gibt es – wie in jeder anderen Musik auch – schnellere und langsamere Songs. Das geht jedoch nicht zwingend einher mit den Elementen, die wir darauf vertanzen sollten.
Ganz im Gegenteil: Je schneller die Musik ist, desto anstrengender wird es, wenn wir versuchen, die kompliziertesten Schritte oder Figuren einzubauen. Das gilt – übrigens nicht nur beim Bachata tanzen – sowohl für Leader, die das ja auch noch führen müssen, als auch für Follower, die die Signale verstehen und umsetzen sollen. Je weniger Zeit dafür bleibt, desto anspruchsvoller und desto frustrierender kann so ein vollgepackter Tanz sein. Eigentlich logisch, oder?!
Was Bachata nicht ist
Auch wenn es inzwischen diverse unterschiedliche Stile gibt und natürlich auch hier die Geschmäcker unterschiedlich sind, so ist Bachata tanzen eines auf jeden Fall nicht: ein akrobatischer Marathon. Zumindest nicht im Social Dance. Hebefiguren, Luftwürfe und sonstige Kunststücke sind meiner Meinung nach etwas für die Bühne, nicht für die Tanzflächen der Clubs und Tanzschulen.
Zum einen erfordern diese Sachen ein wirklich ausgefeiltes Know-How, eine absolut saubere Technik und sehr, sehr viel Übung. In den meisten Fällen können das nur Tänzer:innen vorweisen, die wirklich regelmäßig trainieren und nicht nur ab und zu auf einer Party das Tanzbein schwingen oder ein Mal wöchentlich zur Tanzstunde gehen. Und zum anderen ist auf den meisten Partys rein räumlich gar kein Platz dafür und die Leader sind schon mit „normalen“ Schritten herausgefordert, Kollisionen mit anderen Tanzpaaren zu vermeiden.
Was wir unbewusst tun
Ich selbst erlebe es immer wieder in meinem Unterricht und höre es auch nur all zu oft von anderen: Da sind die Männer, die sich selbst enorm unter Druck setzen, weil sie der Meinung sind, den Frauen richtig viel bieten und „abliefern“ zu müssen. Und da sind die Frauen, die versuchen, all den Anforderungen gerecht zu werden – also alles mitzutanzen, was ihr Gegenüber anzeigt – und dabei auch noch elegant und stilsicher zu wirken. Gleichzeitig wollen beide doch eigentlich nur Bachata tanzen und Spaß dabei haben.
Dann gibt es natürlich auch noch die Ausnahmen von der Regel. Nämlich jene Herren der Schöpfung, die eher aus Ego-Gründen Vollgas geben, weil sie sich vor sich selbst und auch allen anderen beweisen wollen, was sie alles können. Oder jene, die schlichtweg ihr ganzes Tanzpotenzial auch einfach mal ausleben wollen, was nur allzu verständlich ist. Und auf der anderen Seite gibt es tatsächlich Frauen, die „mehr“ wollen, im Sinne von tänzerischer Herausforderung. Die sich langweilen nach dem zweiten Basic und dann genervt oder gelangweilt sind und sich bereits nach dem Ende des Liedes sehnen oder nach einem „besseren“ Tanzpartner umsehen.
Was wir alle gemeinsam haben
Mir ist an dieser Stelle wichtig zu sagen, dass dies keine Bewertung oder Verurteilung ist. Auch ich habe mich schon in all diesen Situationen wiedergefunden – in beiden Rollen. Da ich als Tanzlehrerin nicht nur als Follower, sondern auch als Leader Bachata tanze, habe ich all das schon selbst durchlebt. Damit kann ich mir zum einen diese Einschätzung erlauben und zum anderen alle Seiten super gut verstehen.
Ich kann daher jedoch auch recht gut einschätzen, was oft hinter diesen Gedanken und Verhaltensweisen steckt oder stecken kann: Bei den Leadern ist es meist ein gewisser Leistungsdruck, der Wunsch oder der Glaube, dem Follower möglichst viel bieten zu müssen. Diese wiederum fühlen sich in erster Linie dann gelangweilt, wenn sie selbst noch nicht allzu lange Bachata tanzen und sich durch „nur folgen“ nicht ausreichend gefordert fühlen.
Dabei ist beiden in den meisten Fällen eins gemeinsam: Unsicherheit und Angst sich beim Bachata tanzen zu blamieren sowie die mangelnde Fähigkeit, die Musik zu fühlen und zu interpretieren oder sich auf den jeweils anderen wirklich einzulassen. Bähm! Diese Theorie könnte erstmal auf Widerstand bei dir stoßen. Vielleicht magst du aber mal ehrlich in dich reinhorchen und schauen, ob da nicht doch ein Fünkchen Wahrheit dran ist.
Was Frauen wollen
Als Follower kann ich definitiv sagen, dass es für mich unfassbar anstrengend ist, drei Minuten am Stück oder länger pausenlos gedreht zu werden oder meine Arme verknotet zu bekommen. Noch dazu, wenn die Führungssignale meines Tanzpartners unklar sind, was häufig passiert, weil sie selbst viel zu sehr auf sich und ihre eigenen Füße konzentriert sind. Was wiederum daran liegt, dass ihre Tanzbasis nicht sicher ist.
Ich kann an dieser Stelle nur für mich sprechen, weiß aber, dass es anderen Frauen ähnlich geht. Ich möchte zwischendurch auch mal atmen und entspannen können. Ich will beim Bachata tanzen die Musik genießen und auch selbst ein wenig kreativ werden können. Ich wünsche mir Blickkontakt und eine echte Verbindung zu meinem Gegenüber. Und natürlich freue ich mich auch über den einen oder anderen Überraschungseffekt, aber eben halt als Highlight, nicht als Dauerschleife.
Was Männer stattdessen tun können
Liebe Leader, dies ist ein herzlicher Appell an euch!: Bitte entspannt euch und fokussiert euch mehr auf die Frau, die euch gerade gegenübersteht und die Musik, als auf halsbrecherische Kunststücke oder das Abspulen auswendig gelernter Figurenabfolgen. Es ist viel mehr Wert, wenn ihr euch ehrlich mit uns connected, wirklich auf die Musik hört und euren Tanz entsprechend gestaltet.
Das Wie ist viel wichtiger als das Was. Lernt statt der hundertsten Figurenabfolge lieber die Musik zu verstehen und bildet euch in Musikalität weiter. Wiederholt die Basics so lange, bis ihr sie im Schlaf, bei 40 Grad Fieber, ohne nachzudenken, aus dem ff tanzen könnt. Erweitert euer Repertoire an Footwork, um damit spielen zu können und eure Koordination zu trainieren. Verfeinert eure Technik und versteht, wie man gut und richtig führt. Versucht euch auch mal als Follower, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich das anfühlt. Und vor allem: Habt mehr Spaß als Stress auf der Tanzfläche.
Bis auf die Sache mit dem Führen gilt all das übrigens auch für euch Ladies. Denn wenn ihr eure eigenen Füße und Schritte beherrscht, wird’s auch mit dem Folgen und dem Styling viel leichter. Zudem dürfen wir auf der Tanzfläche wirklich loslassen und den Männern die Führung überlassen. Das ist nicht immer ganz easy, weil wir im Alltag viel organisieren und kontrollieren. Beim Bachata tanzen ist es jedoch ganz klar, wer die Hosen anhat…
Wenn du mehr wissen willst
Passend und ergänzend zu diesem Thema habe ich bereits einige Blogbeiträge geschrieben. Zum Beispiel findest im Artikel „10 Regeln beim Bachata tanzen“ viele wertvolle Tipps für mehr Tanzvergnügen. Oder lies die „5 easy Steps zum Tanzerfolg“ und erfahre mehr über meine Theorie des effektivsten Tanzenlernens und was das mit dem Bau eines Hauses zu tun hat.
Außerdem lade ich dich herzlich ein, dich für meinen Loveletter einzutragen und zukünftig viele tolle Tipps und Insidernews rund ums Bachata tanzen direkt in dein Postfach zu bekommen. Damit sicherst du dir außerdem meinen kleinen Test, ob (Bachata) tanzen das Richtige für dich ist. Aber nun erstmal FEEL FREUDE mit dem karibischen Hüftschwung.
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